Gedruckte Sichtbarkeit: Mit Selfpublishing zum eigenen Fotobuch
Das eigene Fotobuch oder Print-Magazin hat für viele Journalisten einen enormen Reiz. Die hochwertige Arbeit wird endlich gebündelt sichtbar, zeitlos publiziert und zeugt von einer ausgewiesenen Expertise auf dem eigenen Fachgebiet. Selfpublishing kann ein Weg sein, Fotobücher abseits der etablierten Verlags- und Buchhandelskanäle zu veröffentlichen. In diesem Beitrag erhalten Sie konkrete Tipps, wie das von der Produktion über die Finanzierung bis zum Marketing gelingen kann.
Gerade Bildjournalisten denken gern über eigene Fotobücher nach, um ihre Bildsprache auch im größeren Kreis transparent zu machen. Das „Coffee Table Photo Book“ wirkt nicht nur cool, sondern entschleunigt sogar noch. Das gedruckte Werk bedient die Haptik, dazu das sinnliche Papierrascheln beim Umblättern … Dabei bleibt die Zeit stehen und der Betrachter kann sich ganz der schönen Fotokunst widmen. Wie aber geht man das Projekt an und welche Hürden sind zu nehmen?
Verlage und Buchhandel
Der Buchhandel ist für viele Außenstehende zunächst ein unbekannter Kanal. Zwar sind gar nicht wenige Kunst- oder Fachverlage offen für qualifizierte Themenvorschläge, aber ohne Publikationsliste oder als namenloser Einsteiger wird man zumeist abgelehnt. Ein Verlag für Fotobücher arbeitet meist mit freien Handelsvertretern im Außendienst, die zweimal jährlich aktuelle Vorschauen im Buchhandel verteilen. Vertreter und Buchhändler kennen sich in der Regel schon seit vielen Jahren, man vertraut einander. Im persönlichen Beratungsgespräch werden die ersten „Vormerker“ (Vorbestellungen) der Neuerscheinungen aufgenommen. Anteilig verdienen Vertreter, Händler, Barsortimenter wie Libri und Auslieferung, sodass für die Autoren oder Urheber meist nur ein bescheidenes Honorar von etwa acht Prozent vom Brutto-Stückpreis bleibt. Dafür fallen (meist) keine eigenen Investitionen an und der Verlag finanziert abhängig vom Fachbereich auch das Marketing – mit Vorschauen, Messen, Pressearbeit und Anzeigenwerbung.
Alternativ können sich angehende Autoren beim Börsenverein für den Deutschen Buchhandel eigene ISBNs, international standardisierte Buch-Nummern, bestellen, die zusammen mit den passenden Barcodes geliefert werden. Anschließend können Multitalente mit Adobe InDesign oder ähnlichen Programmen Druckvorlagen erstellen, die einer auserwählten Druckerei übermittelt werden. Angebotseinholung, Vertragsverhandlung, Papierauswahl, Beschnittgröße, Schwarzweiß- oder Farbdruck (meist vierfarbig, aber es geht auch mehr), Andruck, Proof, Druckqualität – dies alles sind enorme Fehlerquellen für Unerfahrene. Dazu kommen unter Umständen eine erhebliche Vorfinanzierung für Grafikerhonorare sowie die Druckereikosten. Ferner ist eine Auslieferung für die Logistik zwingend erforderlich. Werbung muss man selbst betreiben. Man tauscht zumeist nur Geld gegen Geld, auch wenn sich Mitglieder der Verwertungsgesellschaft (VG) Bild-Kunst um Fördergelder bemühen und Tantiemen von der VG Wort und der VG Bild-Kunst erhalten können. Ein-Buch-Selbstverlage werden trotzdem von vielen in der Branche als Exoten belächelt.
Alternative Selfpublishing
Ein sehr dynamisches Segment im deutschen Buchhandel ist dagegen das Selfpublishing. Früher war es oftmals etwas unter dem Radar, aber die Branche hat sich zunehmend professionalisiert.
Der Dienstleister Blurb hat sich in Fotografenkreisen schon länger einen guten Namen für Fotobücher gemacht. Man kann dort die kostenlose Software BookWright herunterladen und damit ein eigenes Layout für das geplante Fotobuch gestalten. Dieses Programm zeichnet sich durch eine geringe Einarbeitungszeit aus, aber natürlich können Multitalente auch mit Adobe InDesign oder ähnlichen Programmen arbeiten. Der deutschsprachige Support per E-Mail funktioniert zeitnah und der Vertrieb eigener Publikationen wie Fotobüchern läuft gleichsam via Blurb-Shop und Amazon.
Die Gestaltung eines Print-Magazins, also einer Zeitschrift, ist ebenso möglich, aber dann wäre der Vertrieb ausschließlich über den Blurb-Shop möglich, nicht via Amazon. Das Gleiche gilt für PDF-Digitalmagazine jeglichen Inhalts, die sich für unabhängige Medienmacher auch anbieten würden.
Investment und Verdienst hängen von individuellen Parametern wie Größe, Seitenzahl, Ausstattung und Preisgestaltung ab. Ein Preisrechner bietet eine erste Übersicht für die eigene Kalkulation. Es empfiehlt sich, die marktübliche Preise im Buchhandel nicht zu ignorieren. Um ein Gefühl für den eigenen Buchpreis zu bekommen, lohnt ein Blick in das Verlagsprogramm der gängigen Kunstbuchverlage wie etwa Gestalten, Peperoni Books oder Phaidon.
Für den Verkauf auf Amazon.com kann man bei Blurb eine ISBN beantragen. Diese sollte dann in BookWright hinterlegt und nach dem Upload des Werks an einer Platzhalterstelle einfügt werden. Ist das komplette Layout nach der Fertigstellung hochgeladen, ist es ratsam, zur finalen Überprüfung ein gedrucktes Exemplar (On-Demand-Druck) für sich selbst zu bestellen. Ist der weltweite Vertrieb technisch eingerichtet, meldet man sich bei Amazon an und geht in der Übersicht auf den Reiter „Mein Buch verkaufen“. Dort lassen sich über den Tab „Projektdetails“ die bibliografischen Daten zum neuen Fotobuch einpflegen. Über den Tab „Vertriebskanal + Gewinn“ lässt sich der Buchpreis festlegen, wobei Amazon derzeit rund 15 Prozent als Gewinnbeteiligung einbehält.
Vorteil des Selfpublishings ist die Unabhängigkeit gegenüber den großen Verlagshäusern und eine überschaubare Investition von Zeit und Geld. Die finanziellen Aufwendungen sind natürlich abhängig von Umfang und Ausstattung. Musterbücher vom Dienstleister bieten eine gute Inspiration für Papierwahl, Druckqualität und Layout. Auch ein Messe- oder Hausbesuch für beratende Gespräche kann sinnvoll sein.
Von der Idee über die Realisation – Layout, Dummy, Druck, Einband – bis hin zur Logistik mit Transport, Lagerung, Vertrieb: Der Traum von der eigenen hochwertigen Publikation ist durch das Selfpublishing deutlich realistischer geworden. Workshops zum Thema Selfpublishing von Fotobüchern bietet unter anderem die Fotoagentur laif an.
Weitere mögliche Dienstleister für unabhängige Medienmacher sind Lulu oder auch Self-Publishing Services LLC.
Finanzierung
Die Finanzierung eines eigenen Fotobuchs nur über den Verkauf ist schwierig. Sie gelingt vielleicht bekannten Profis mit einem großen Follower-Kreis im Internet. Diese werden vermutlich aber auch von Verlagen angesprochen, um bei ihnen zu publizieren.
Eine andere Möglichkeit ergibt sich über Fördermittel. Mitglieder der VG Bild-Kunst können sich zweimal jährlich über das hauseigene Kulturwerk um Fördergelder für ein eigenes Fotobuch bewerben. Bis zu 8.000 Euro (einschließlich Verdienstausfall während der Projektarbeit) erhalten erfolgreiche Bewerber, die sich gegen rund 400 Konkurrenten – davon etwa die Hälfte Fotojournalisten – durchgesetzt haben. Das Kulturwerk möchte ausdrücklich das Fotografieren fördern und gibt auch unbekannten Talenten eine Chance. Entscheidend für die Jury ist die eingereichte Bildqualität und das mitgeteilte Thema, das möglichst genau mit Mehrwert beschrieben werden sollte. Weitere Informationen zur Vita und eine Publikationsliste, ein ShowReel, also ein kurzes Video zum bisherigen Schaffen, oder andere Nachweise sollten nicht fehlen.
Die Förderung von Architekturfotografie gilt als schwierig, wie Frau Dr. Britta Klöpfer als Ansprechpartnerin zu Fragen der Kulturförderung der VG Bild-Kunst im Gespräch betont. Aber die neu zusammengesetzte Jury akzeptiert mittlerweile auch abseitigere Themen wie Food-Fotografie. Es muss nicht mehr ganz so bedeutungsvoll wie früher zugehen, als der Schwerpunkt noch eindeutig auf Fotojournalismus lag. Eine telefonische Beratung wird empfohlen.
Nach Veröffentlichung sollte das fertige Werk bei den Verwertungsgesellschaften VG Wort und VG Bild-Kunst gemeldet werden: Die Tantiemen für ein komplettes Fotobuch können bereits nur bei der VG Bild-Kunst je nach Anzahl der Abbildungen bis zu 2.000 Euro betragen. Sind auch eigene Texte oder Reportagen abgedruckt, schüttet die VG Wort Tantiemen aus.
Der Vollständigkeit halber sei noch auf Crowdfunding-Finanzierungen hingewiesen, aber der enorme Aufwand wird oft unterschätzt. Einen Finanzierungsfinder zu weiteren Geldgebern wie Kulturstiftung des Bundes oder Innovationsstarter Hamburg GmbH bietet unter anderem die Hamburger Kreativgesellschaft. Innovative Content-Ideen fördert auch Media Lift und hilft bei der Entwicklung neuer Prototypen.
Was gibt es an weiteren Finanzierungsmöglichkeiten? Wer ein gut besuchtes Profil bei Steady unterhält, kann hier vielleicht der eigenen Leserschaft bereits einen Großteil der Auflage verkaufen und damit die Herstellungskosten refinanzieren. In Coworking-Spaces wie dem Betahaus Hamburg stellen nicht nur Künstlergruppen Fotoprojekte mitsamt Fotobuch aus und knüpfen dadurch wichtige Kontakte für neue Aufträge. Auslandskorrespondenten können begleitende Ausstellungen, Buchbesprechungen, Lesungen oder Panel-Talks im Online-Bulletin der örtlichen Presseclubs anbieten. Der FCCT (Foreign Correspondent Club of Thailand) ist etwa sehr aktiv. Wie immer, wenn es ums Geld geht: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Marketing
Die Community sollte nach Erscheinen über eigene Kanäle informiert werden, dass es nun ein neues Fotobuch gibt. Und eine kleine Pressemitteilung, kostenlos via openPR.de lanciert, schafft auch extern etwas Aufmerksamkeit.
Für alle, die Fotobücher machen oder herausgeben, ist auch eine Teilnahme beim Deutschen Fotobuchpreis zu empfehlen. Das Fotobuch als Kulturgut ist ein eigenes Medium mit vielfältigen Möglichkeiten: Die Einreichung für den nächsten Wettbewerb beginnt voraussichtlich im Frühjahr 2025. Auch ein Blick auf das Fotobookfestival Kassel ist sinnvoll.
Der Kunsthistoriker Richard Sporleder betreibt ferner mit seiner Website Café Lehmitz Photobooks ein Projekt für Fotojournalisten und Fotografen mit dem Ziel, alle verfügbaren Informationen zu relevanten Fotobüchern auf Dauer verfügbar zu halten. Hier kann man auch für eigene Ideen recherchieren. Inspiration liefern auch innovative Fotobuchprojekte wie „The Fotobus Manual“ von Christoph und Chiho Bangert, gedruckt bei Seltmann Printart, erschienen bei Eigensinn Publishing und finanziert über das Kulturwerk der VG Bild-Kunst – ein kreatives Projekt für eine rollende Fotoschule mit Workshop-Inhalten in Gestaltung eines alten Omnibus-Handbuchs mit Do-it-yourself-Charakter. Das ORI Mag arbeitet hingegen mit Premium Print Produkten, die kostenpflichtig im hauseigenen Shop bestellt werden können.
Titelillustration: Esther Schaarhüls
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).
Der Autor Ralf Falbe arbeitet als freier Fotograf, Videographer und Journalist. Davor war er als Lokalredakteur und in der Unternehmenskommunikation unterwegs. Veröffentlicht hat er u. a. in Stern, F.A.Z. und sueddeutsche.de. Und es gab Auszeichnungen: Journalistenpreis Irland 2016 (Kategorie Online – Top 10), Bronze-Winner International Photo Award IPA Philippines 2016 (Kategorie Kinder), Nominierung für den PR-Bild Award 2015, 2017, 2018 (Kategorie Tourismus, Freizeit, Sport). Er ist Mitglied beim DFJV.