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Community Engagement: Tipps zur Pflege Ihrer Online-Gemeinschaft

Die Autorin Ariane Brandes gibt Ihnen in diesem Buchauszug Tipps, wie Sie die Interaktion in einer Community anregen und in Gang halten.

Eine Community ist das, was die Gesamtheit der Mitglieder daraus erwachsen lässt. Die Hauptaufgabe im Alltagsbetrieb ist es daher, die Bahnen, in denen die Community läuft, durch strukturiertes Dirigieren der Fanbase in die gewünschte Richtung zu lenken beziehungsweise darin zu halten.

Community-Engagement wird all das genannt, das Ihre Community in einen produktiven Flow bringt. Der Begriff meint die Herbeiführung und Aufrechterhaltung einer möglichst hohen Frequenz von Posts und Kommentaren, sowohl mit Ihnen als auch bei der Interaktion unter den Mitgliedern, die sich ohne Ihr Zutun entwickelt.

Abbildung 4. 3: Lenkung einer Community / © Redline

Ihr zentraler Beitrag zum Community-Engagement sind Dialogführung und Bereitstellung von interessantem Content. Diese beiden Arbeitsbereiche, die Kür Ihres Jobs, sind stets unter dem Aspekt der Anregung und Steuerung von Aktivität, neudeutsch Incentivierung genannt, zu sehen.

Aktivität anregen

Jeder User hat Potenzial – er muss nur dazu gebracht werden, dass er es auch in den Dienst der Community stellt. Manche tun es von sich aus, weil es ihnen in Ihrer Community so gut gefällt, bei der Mehrzahl der Mitglieder ist jedoch Incentivierung notwendig, denn die große Masse – siehe das eingangs dargelegte 70-20-10- beziehungsweise 90-9-1-Prinzip – übt sich in Passivität.

Viele Community-Manager bedienen sich dafür eines Mittels, das für manche einen faden Beigeschmack hat: Sie gründen ein oder mehrere Fake-Profile, von denen aus sie den Dialog anteasern. Dieses Vorgehen soll hier keineswegs empfohlen werden, aber es mag für Situationen angemessen sein, in denen man ohne die Einstellung, dass der Zweck die Mittel heiligt, nicht weiterkommt.

Wie auch immer Ihre Vorgehensweise ist: In Sachen Aktivierung von passiven Usern sind Sie in der Position von jemandem, der in Gesellschaft alles daransetzt, dass weder peinliches Schweigen noch belangloses Geschwätz aufkommt.

Qualität schaffen

Es ist nicht leicht, eine rein konsumptive Einstellung auf Aktivität zu polen. Sie werden kaum jemanden dazu bringen, sich zu beteiligen, indem Sie ihn dazu auffordern, doch auch einmal einen Beitrag zur Diskussion zu leisten. Der ausschlaggebende Anreiz zum Mitmachen ist meist die Qualität und Intensität der Diskussion.

Je vielstimmiger das Community-Engagement ist, umso besser. Im Prinzip stimmt das zumindest, wenn es auf dem wünschenswerten produktiven Niveau stattfindet. Viele Posts sind aber einfach nur weißes Rauschen, nichtssagend und voller Wiederholungen. Es wäre eine gefährliche Entwicklung, das allgemeine Niveau durch langweilende Redundanzen verflachen zu lassen.

Interessante Diskussionen sind selten Selbstläufer – bloßes Abnicken von beliebigen, austauschbaren Posts und Tweets hat nichts Animierendes und führt nicht zu qualitativ ansprechenden Threads. Dafür braucht die Dialogmaschine Schmierung.

Dieser Anspruch verlangt Akkuratesse: Regulierende Eingriffe sind so vorzunehmen, dass Sie nicht das Gefühl vermitteln, Sie wollten sich übermäßig in den Vordergrund spielen. Dazu braucht es einiges Fingerspitzengefühl; schnell ist der Eindruck erweckt, dass Sie nur zu allem »Ihren Senf abgeben« wollen.

In den Posts, die der Qualitätssicherung dienen sollen, ist ein schulmeisterhaftes Rollenverständnis oder sogar Besserwisserei fehl am Platze. Wenn Sie schon Belehrungen erteilen wollen oder müssen, dann in einer unaufdringlichen, unterhaltsam verpackten Art und Weise, gerne auch mit etwas Humor.

Best Practice – Community-Engagement

  • Erzeugen eines Wir-Gefühls
  • Gesprächsanregenden Content bereitstellen
  • Aufrechterhaltung eines positiven Diskussionsklimas
  • Qualitätsstandard sichern
  • Wettbewerbe, Aktionen und Kampagnen
  • Organisation von Offline-Events
  • Anregung der Diskussion durch Umfragen
  • Bitten um Verbesserungsvorschläge
  • Öffentliche Belobigung von besonders guten Beiträgen

Alles ist eine Antwort wert

Der Anspruch, dass die Diskussion Qualität haben soll, darf nicht dazu verleiten, User-Beiträge einfach zu ignorieren. Voraussetzung dafür, den Respekt seiner Mitglieder zu gewinnen und zu behalten, ist es, alle Posts ernst zu nehmen. Jede Äußerung hat etwas Exemplarisches und damit Auswertbares – sie beinhaltet den Willen des Konsumenten. Wenn jemand seine Meinung artikuliert, und sei sie noch so kritisch, dann verdient das Wertschätzung und umgehende Rückmeldung als Mindestanspruch an den Cyber-Anstand.

Das gilt in besonderem Maße für Support-Angelegenheiten. Gibt es bei einem Produkt des Betreibers Anlass zu Klage oder Reklamation, machen die User aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Hierbei melden sich dann oft auch die Nutzer zu Wort, von denen ansonsten nie etwas zu hören ist.

Als Moderator müssen Sie auf Beiträge mit Reklamationen unaufgeregt reagieren. In solchen Fällen besteht Empathie einfach nur darin, eine verbindliche Antwort zu geben. Missachtung und Schweigen hingegen sind keine Option, sondern ein Sündenfall. Als Community-Manager dürfen Sie sich nie verstecken!

Beispiel Service-Post:

Q.: Mein Notebook XXX, vor 2 Monaten bei euch gekauft, läuft unheimlich langsam. Was kann ich tun?

A.: Tut uns leid, dass dein Notebook so langsam ist. Das darf natürlich nicht sein, aber wir werden das in den Griff kriegen. Meist laufen zu viele Programme im Hintergrund (Virenscanner). Guck mal bitte zuerst danach, sonst melde dich noch mal! Viel Erfolg!

Auf keinen Fall darf der Eindruck erweckt werden, dass ein Mitglied untergebuttert werden soll. Sie dürfen nie Ungeduld oder gar Herablassung durchklingen lassen, und seien die Posts, auf die Sie reagieren müssen, noch so banal, unqualifiziert oder unausstehlich. Jeder hat halt seine eigene Art von Poesie.

Was immer aufs Tapet gebracht wird, Sie stehen in der Pflicht, alles dafür zu tun, dass eine zufriedenstellende Lösung gefunden wird. Schließlich kann Ihr Publikum (in vielen offenen Communitys sogar die ganze Welt) sehen, wie Ihre Auffassung von Rückmeldekultur ist.

Es ist ein Kardinalfehler, Beschwerdeführer mit einem lapidaren Hinweis auf eine Hotline-Nummer oder eine Service-Mail-Adresse abzuspeisen. Diese Vorgehensweise wird als Abwimmeln empfunden. Auch bei extrem negativen Äußerungen – solange sie sich an die Netiquette halten – ist immer in demonstrativ kooperativer Manier zu reagieren. Zu jeder Antwort, bei der an eine andere Abteilung verwiesen werden muss, gehören ein paar nette, optimistische Worte.

Wenn Sie sich dabei ein Versäumnis zuschulden kommen lassen, untergräbt das Ihre Position sehr schnell. Hingegen hilft es dem Community-Engagement enorm, wenn Sie sich das Image schaffen, dass man bei Ihnen sofort wirksame Hilfe bekommt. Geschickte Steuerung von Serviceangelegenheiten kann sogar dazu führen, dass die Servicekosten gesenkt werden. Wenn es Ihnen gelingt, entsprechende Fäden zu knüpfen, können Sie die Mitglieder dazu bringen, sich gegenseitig zu helfen.

Vorsicht bei politischen Themen!

Eine gravierende Einschränkung ist bei der Forderung nach verbindlicher Beantwortung aller Posts allerdings zu machen: Kommt es dazu, dass ein Thread sich in ein politisches Thema verhakt, so ist höchste Vorsicht angebracht. Politische Positionierungen können sehr dünnes Eis sein, auf dem schon viele vorher harmonische Beziehungen eingebrochen sind!

Für solche Fälle braucht es Geschicklichkeit, um sich ohne Anecken durch den Dialog zu lavieren. Im Allgemeinen verfahren Sie am besten, indem Sie um heikle Themen diplomatische Schleifen drehen.

Rituale und Traditionen

Community-Engagement basiert nicht zuletzt auf Ritualen und Traditionen. Wie bei allen Formen von sozialem Zusammenwirken entwickeln sich auch in einer Community im Laufe der Zeit Traditionen, Rituale, Running Gags, Memes und Insider-Symbole.

Hierbei kommt wieder der Aspekt der virtuellen Kompensation ins Spiel. Soziologie und Psychologie konstatieren seit Längerem einen Rückgang von gesellschaftlichen Ritualen. Daraus resultiert ein Gefühl von fehlender Gemeinschaftlichkeit, für das Ersatz gesucht wird, ob nun bewusst oder unbewusst. Eines der Terrains, auf denen gesucht wird, ist dann die Welt der Online-Gemeinschaften.

Ihre Aufgabe besteht darin, ritual- und traditionsbildende Elemente in eine Richtung zu lenken, auf die die Mehrheit vorbehaltlos einschwenken kann. Solche Rituale und Traditionen können sein:

  • Herausstellung verdienstvoller Mitglieder,
  • Vorstellungsrunde neuer Mitglieder,
  • fest terminierte Diskussionsrunden,
  • regelmäßige Wettbewerbe,
  • Wahl des besten Beitrags,
  • Wochenrückschau (Community Weekly).

Derlei Sitten und Gebräuche sind Teil der Statik einer Community, aber sie können auch etwas Zwanghaftes bekommen – Rituale schleifen ab, Traditionen fallen der Ignorierung anheim.

Die Community als Ganzes hat eine konsensbildende Kraft, der Sie sich besser nicht entgegenstellen. Lassen Sie der Mehrheit ihren Willen. Das gilt in beide Richtungen: Findet unter den Mitgliedern etwas allgemeinen Beifall, lassen Sie dem Ganzen am besten seinen Lauf. Umgekehrt ist es wohl besser, nicht auf Konventionen bestehen bleiben zu wollen, die abgewählt wurden.

Massnahmen gegen die Routine

Communitys bilden ihre Routinen heraus. Das ist zunächst nichts, das irgendwie negativ zu sehen wäre, aber es darf nicht zugelassen werden, dass der ganze Betrieb in langweiliger Routine erstarrt. Von daher ist es nötig, immer wieder einmal etwas Außergewöhnliches oder sogar Spektakuläres zu bieten, das aus dem Rahmen der eingespielten Alltäglichkeit herausfällt.

Überraschungselemente können sehr dabei helfen, Ihre Community in der Erinnerung der Mitglieder zu verankern und sie zu veranlassen, regelmäßig bei Ihnen vorbeizuschauen. Zu viel Routine schadet der dafür notwendigen Neugierde, da der User nicht mehr sicher sein kann, von Ihnen etwas Neues präsentiert zu bekommen.

Ihre Mitglieder werden umso treuer und anhänglicher sein, je mehr es Ihnen gelingt, bei ihnen ein FOMO-Gefühl zu erwecken. Am besten ist es, wenn Ihr Angebot gar nicht erst den Gedanken aufkommen lässt, woanders etwas noch Besseres finden zu können.

Experimente bei den Themen

Community-Engagement lässt sich nicht zuletzt dadurch fördern, dass Sie des Öfteren mit etwas aufwarten, das völlig aus dem Rahmen fällt. Der Anspruch, Neues zu präsentieren, setzt Sie unter einen gewissen Druck. Das hat aber auch den positiven Aspekt, dass sich Spielräume für Experimente mit neuen, unverbrauchten Inhalten auftun.

Sie eröffnen die Chance, den Horizont der Community durch neue Themen zu erweitern, natürlich nur im Rahmen dessen, wofür der Betreiber die Freigabe erteilt. Neues stellt immer ein Gesprächsthema dar – das ist zunächst das Wichtigste!

Experimentieren schließt die Möglichkeit des Scheiterns in sich ein. Daher sind Sie gut beraten, wenn Sie den Mitgliedern erklären, dass etwas Neues ausprobiert wird. Eine Bitte um direktes Feedback gibt Experimenten einen basisdemokratischen Anstrich. Bei einem Misslingen des Experiments gehört den Feedback-Gebern ein Wort des Dankes dafür ausgesprochen, dass sie zu der Erkenntnis des Fehlschlags beigetragen haben.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Die Macht der Community“ von Ariane Brandes, das 2020 im Redline Verlag erschienen ist.

Die Autorin Ariane Brandes ist Diplom-Betriebswirtin und arbeitet als freiberufliche Community-Managerin in mehreren Facebook-Gruppen. Zudem ist sie als Redakteurin und Ideengeberin für Talkshow-Formate tätig, mit dem Schwerpunkt auf Storytelling. Sie unterstützt Unternehmer und Coaches beim Aufbau eines Gemeinschaftsgefühls zwischen Fremden.

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